Blogbeitrag: Technisches Kulturgut nach der Flut im Ahrtal

Rettung der Kohlensäuregas-Verflüssigungsanlage St. Joseph in Bad Bodendorf

Ein Blogbeitrag von Philip Mandrys

Über Jahrzehnte wurde die in ihrer historischen Gesamtheit einzigartige Anlage der Kohlensäuregas-Verflüssigungsanlage St. Joseph durch die ehrenamtliche Arbeit des Heimat- und Bürgervereins Bad Bodendorf e.V. gepflegt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dann kam in der Nacht vom 14./15. Juli 2021 die Flut des Ahrhochwassers und setzte das historische Gebäude samt den technischen Anlagen über 170 cm unter Wasser.

Nach dem Rückgang der Flut blieben der Schlamm und der Schlick, welche die technischen Anlagen und Apparaturen mehrere Millimeter dick komplett bedeckte und der teilweise fest anhaftete. In einer ersten Maßnahme wurden die Schlamm- und Schlickkrusten sowie in das Gebäude getriebener Unrat durch die beiden Verbandsmitglieder des Heimat- und Bürgervereins Bad Bodendorf e.V., Herr Achim Sonnenberg und Herr Josef Gross, von der Anlage entfernt.

Das Wasser ist in alle Fugen der Maschinen eingedrungen. Diese führte dazu, dass sich in von außen unzugänglichen Bereichen, wie z.B. den Lagern, Korrosion gebildet hat, aber auch feine Sandablagerungen führten zu weiteren Schädigungen. Um die historische Substanz zu bewahren, besteht jetzt akuter Handlungsbedarf.

Nach der Flut im Ahrtal standen vor allem in öffentlicher Hand stehende Archive und Museen im Fokus der medialen Berichterstattung.

Jedoch sind auch kleine, in der breiten Öffentlichkeit eher unbekannte Museen und kulturelle Stätten von der Flut und deren Auswirkungen betroffen. Eine Vielzahl an Museen, die nicht von öffentlicher Hand geführt und unterstützt, sondern aus privater, ehrenamtlicher Initiative gegründet und unterhalten werden, drohen nun für immer verloren zu gehen.

Ein Beispiel hierfür ist das Technikmuseum Bad Bodendorf bei Sinzig.

Das Herzstück des Museums bildet die technische Anlage der ehemaligen Kohlensäuregas-Verflüssigungsanlage St. Joseph von 1919. Diese technische Anlage ist in ihrer Gesamtheit, vom Brunnenschacht über den Abscheidetank und den Tröpfchenabscheider bis hin zu den durch Transmissionsriemen betriebenen Kompressoren und Pumpen mit elektrischem Antriebsaggregat, weitgehend erhalten.

Das private Museum vermittelt Interessierten die technischen Abläufe und das Verfahren zur Kohlensäuregewinnung. Somit ist diese Anlage ein für die Region einzigartiges technisches Kulturgut, das neben Einblicken in die rein technischen Bereiche aus Ingenieurswissenschaft und Maschinenbautechnik auch einen soziokulturellen Einblick in die Zeit der beginnenden Industrialisierung der Lebensmittelherstellung mit direktem regionalem Bezug ermöglicht.

Aus diesem Grund steht aktuell die Projektierung der Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen im Vordergrund. Um ein denkmalgerechtes, auf den Erhalt und den Schutz historischer Substanz abgestimmtes Vorgehen zu gewährleisten, erfolgt die Konzeptionierung der Maßnahmen sowie deren Ausführung in ehrenamtlicher Zusammenarbeit zwischen dem Heimat- und Bürgerverein Bad Bodendorf e.V. und Mandrys Konservierung & Restaurierung in direkter Abstimmung mit der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz.

Gegenwärtig wird mit Heißluftgebläsen versucht, das Gebäude und die eingebauten Anlagen und Apparaturen zu trocknen. Aber schon jetzt zeigen sich die zum Teil massiven Auswirkungen des Wassers – speziell auf die metallenen Bauteile. Auf den aus Eisenwerkstoff gefertigten, unbeschichteten Bauteilen hat sich eine fast durchgängige Korrosionsschicht gebildet, die nun nach über hundert Jahren den Erhalt des technischen Kulturguts gefährdet.

Ob eine Rückführung des Erscheinungsbildes der Anlage in den Zustand vor der Flut umsetzbar ist, kann gegenwärtig noch nicht beantwortet werden. Aufgrund der Komplexität und Größe der Anlage sowie der Anzahl der Bauteile sind die Ausführenden auch auf Unterstützung angewiesen.


Bei Fragen, Interesse und Hilfsbereitschaft können Sie uns sehr gerne kontaktieren:
Philip Mandrys Dipl.-Rest. (FH); M.A.
mail [at] mandrys-restaurierung.de

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